"Erinnerungstage"

Matt Coleman erinnert sich ...

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Interview mit Matt Coleman

Herzlich willkommen, Matt. Vielen Dank, dass du dich für dieses Interview bereit erklärt hast.

Ich bedanke mich und stehe gerne Rede und Antwort.

 

Dann lass uns unverzüglich beginnen. Erzähle bitte zu allererst ein wenig von dir.

Also, mein Name ist Matt Coleman und ich bin Anwalt von Beruf. Das heißt, ich war es, denn nun, in meinem neuen Leben in der Zwischenwelt, zählt dieser Beruf absolut nicht mehr. Ich bin 62 Jahre alt, verheiratet und habe zwei Söhne. Die führen seit meinem Tod die Kanzlei in Rockville, einer Stadt im Bundesstaat Maryland. Beide haben, von meiner Frau Emily lang herbeigesehnt, vor Kurzem das persönliche Glück gefunden und sind verheiratet - nach dem letzten Stand meines Wissens, glücklich.

Und, das ist wohl das Wichtigste, ich befinde mich zurzeit in der Zwischenwelt, einem Ort, dessen Existenz ich niemals, nicht einmal ansatzweise, erahnt hatte.

 

Wie kam es dazu, Matt?

Nach dem Tod meiner Frau Emily, sie verlor bei einem Autounfall ihr Leben – wohlgemerkt durch die Schuld des anderen - hat sich das Leben für mich rasant verändert. Erst war ich überzeugt, dass es weitergehen würde – irgendwie. Sind wir ehrlich, es geht ja immer irgendwie weiter. Dennoch war die Sehnsucht nach meiner großen Liebe für mich bald kaum mehr zu ertragen. Ich gebe zu, ich habe mich vom beruflichen Leben ebenfalls zurückgezogen. Zum Schluss bin ich am liebsten bloß in meinem Lehnstuhl vor dem Kamin gesessen und habe auf die zahlreichen Fotos gestarrt. Ich hatte tatsächlich Angst Emily zu vergessen.

 

Sorgten deine Söhne in dieser schweren Zeit für dich?

Selbstverständlich, sie haben wirklich alles nur Mögliche versucht. Aber, wenn ich so nachdenke, dann habe ich aufgegeben. Ich wollte nicht mehr ohne Emily leben und es kam, wie es kommen musste, einige Monate nach ihrem Ableben, folgte ich meiner Frau in den Tod. Um es gleich vorwegzunehmen, mir schwebte ein Wiedersehen im Jenseits vor. Also, ohne Kummer, Leid und qualvolle Sehnsucht. Kurz gesagt in Frieden vereint. Wie falsch ich doch gelegen bin! Ja, wir sind nun wieder vereint, jedoch, in einer Welt, die ich bis heute weder erklären noch begreifen kann. Sie ist jenseits aller Vorstellungskraft.

 

 Was macht diese Welt so besonders?

Sie ist physikalisch nicht erklärbar oder gar nachweisbar. Es ist schlichtweg nicht möglich, dass sie existiert und doch ist sie für mich zur neuen Heimat geworden. Oft habe ich zu Lebzeiten die Vermutung geäußert, dass es zwischen Erde und Himmel weit mehr geben könnte, als wir erahnen – und ich hatte damit absolut recht. Nur ist diese Existenz für einen Lebenden eben weder greifbar noch wissenschaftlich zu belegen und deshalb nur schwer vorstellbar.

 

Für wie lange wird die Zwischenwelt dein zu Hause sein?

Diese Frage kann ich dir nicht beantworten, denn ich habe keine Ahnung. Vielleicht gerade deshalb bin ich für jeden einzelnen Moment unendlich dankbar.

 

Wie sieht dein Leben in der Zwischenwelt konkret aus? Du hast ja erwähnt, nicht mehr als Anwalt tätig zu sein.

Ja, das stimmt. Wir sind vielmehr von den Herren der Zwischenwelt quasi engagiert worden, um heikle und geheime Aufträge auszuführen. Wir, also mein Team und ich, agieren von den Lebenden ungesehen und dabei stehen uns eine Vielzahl an Hilfsmittel zur Verfügung. Übrigens ist deren Anwendung nicht immer ein Leichtes.

 

Wie ist das zu verstehen?

Nun, ich hatte zu Beginn so meine Schwierigkeiten damit und bin mehrmals recht unsanft auf meinem Hosenboden gelandet. Aber, wir besitzen ein Bedienungshandbuch, in dem so ziemlich alles beschrieben ist. Mit der Zeit habe ich gelernt mit all den Anforderungen klar zu kommen.

 

Das muss ja ein richtig dicker Schmöker sein.

Ehrlich gestanden, es ist zwar kein kleines Büchlein, aber trotzdem nicht schwer. Der Inhalt wird stets auf unseren auszuführenden Auftrag angepasst. Allerdings habe ich keinen blassen Schimmer, wie genau das bewerkstelligt wird. Da müsstest du dich an Mr. Sanders wenden. Er ist einer der Leiter der Zwischenwelt.

 

Mr. Sanders, okay diesen Namen habe ich notiert. Wer ist denn der Oberste der Zwischenwelt?

Grundsätzlich sind Mr. Sanders und Mr. Svenson die Beauftragten der Zwischenwelt. Über den beiden steht nur der BOSS. Er ist Hüter über die Lebenden und die Toten.

 

Bist du dem BOSS schon mal begegnet?

Nein. Es heißt, man kann nur mit ihm in Kontakt treten, wenn man sich entschließt, aus der Zwischenwelt auszutreten. Allerdings ist es ungewiss, wohin die Reise dann tatsächlich führt. Momentan haben weder Emily noch ich das Bedürfnis, dies herauszufinden.

 

Du hast vorher ein Team erwähnt. Wie sieht dieses aus? Wer ist Teil der Gruppe?

Da gibt es mich und meine Frau. Sie geizt übrigens nicht mit weiblicher Neugierde und hat uns Männer stets im Griff.

Weiters im Team ist mein ehemaliger Angestellter Carlos Lester. Obwohl er ein guter Anwalt gewesen ist, war er mir trotzdem meistens nicht sehr sympathisch. Nun hat er sich jedoch zu einem wertvollen, wenngleich impulsiven Teammitglied gemausert. Carlos ist allzeit für Späßchen bereit und lechzt geradezu nach Geschichten unseres vergangenen Lebens.

Jacob Mayers, der einstige Pilot, ist ebenso mit von der Partie. Er ist es, der uns mit seinem unglaublichen und weitgestreuten Wissen nicht nur überrascht, sondern damit hilfreich unterstützt und unsere eigentlichen Aufgaben trotz aller Probleme und Pausen niemals vergisst. Carlos stellt oft fest, dass Jacob wie ein wandelndes Lexikon sei.

 

Um welche Aufträge handelt es sich? Erzähl uns bitte ein wenig mehr darüber.

 Begonnen hat es gleich mit einer Anweisung nach meinem Tod. Ich musste einem Bauunternehmer helfen, seinen Namen reinzuwaschen. Er war ebenfalls bereits verstorben und gemeinsam mit ihm konnten wir beweisen, dass er zu Lebzeiten hintergangen wurde. Carlos war damals noch unter den Lebenden und leider tief in diese Sache verstrickt. Erst viel später, als auch er in der Zwischenwelt gelandet ist, habe ich die Hintergründe und Probleme seines Lebens zu verstehen gelernt.

Unser Pilot ist nach einem folgenschweren Flugzeugabsturz zu uns gestoßen. Er wurde verdächtigt, Selbstmord begangen zu haben. Wir halfen ihm bei der Aufklärung des Unglücks.

Eine weitere Instruktion hat uns erst auf den K2 und dann nach Sibirien gebracht, wo ein Atomreaktor zu explodieren drohte. Das war eine heiße und überaus gefährliche Aufgabe.

Wir haben uns kaum von diesen Strapazen erholt, schon sind wir auf eine Ebene eines Paralleluniversums geschickt worden. Dort drohte ein außer Kontrolle geratenes Experiment zur Energiegewinnung aus Blitzen, diese und weitere Ebenen zu vernichten. Ich bin nach wie vor geflasht vom Farbenreichtum des Weltalls und von den schier unendlichen Phänomenen, die bloß darauf warten, entdeckt zu werden.

Letztens mussten wir in die Schweiz. Im CERN ging es nicht mit rechten Dingen zu. Es ist tatsächlich ein Bewohner eines anderen Planeten bei uns gelandet. Er wollte unbedingt wieder in seine Heimat zurück und benötigte bei diesem Unterfangen unsere Hilfe. Ich kann also geradeheraus behaupten, wir sind nicht alleine im Universum.

Momentan befindet sich mein Team in Los Angeles. Wir haben es mit einem Projekt namens „Aopawei“ zu tun. Noch kann ich nichts Näheres berichten, denn wir stecken mitten im Auftrag.

Und vor allem wissen wir zu Beginn einer Order niemals, wie genau unser tatsächlicher Auftrag lautet. Das ergibt sich nämlich jedes Mal erst so nach und nach. Übrigens bereitet mir gerade diese Tatsache oftmals Kopfzerbrechen. Ich hätte viel lieber eine klare Ansage. Mr. Sanders und Mr. Svenson weisen uns regelmäßig darauf hin, dass nur der BOSS alleine den wahren Grund unseres Einsatzes von Beginn an kennt. Man darf also gespannt sein, wie es weitergeht.

 

Dann möchte ich dich nicht länger aufhalten. Matt, vielen Dank für deinen Einblick in das Leben in der Zwischenwelt. Ich wünsche dir viel Erfolg beim Projekt „Aopawei“.

 

Herzlichen Dank für dein Interesse an meinem „Leben“. Ich schicke ganz liebe Grüße an das Brighton - Verlagsteam, die meine Geschichten verlegt und vor allem auch an alle Leser und Leserinnen!

 

 

Buchvorstellung 

Freier Fall- Neuer Auftrag in der Zwischenwelt

Schnipsel - Lesung zu "Zwischenwelt"

Schnipsellesung Tag 1

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