Ebene Drei

... Plötzlich meldet sich Emily zu Wort.

„Ist unsere Zwischenwelt dann nicht auch eine Parallelwelt?“

In der Zwischenzeit sind wir gewöhnt, dass Mayers meistens Antworten parat hat, deshalb blicken wir erwartungsvoll auf ihn.

„Wieso seht ihr mich so fragend an? Auf alles habe ich auch keine Antwort“, wendet er schmunzelnd ein.

„Probieren Sie einmal“, fordert Lester ihn heraus.

„Hhmmm, wenn dem so wäre, dann würden sich zwei Universen oder Welten ja überschneiden?“

„Wieso?“

„Na, wenn wir sterben und die Erde verlassen, sind wir quasi in einer anderen Welt. Doch wir befinden uns nun dazwischen, ergo dessen müssten sich die beiden Welten überlappen …“ Mayers runzelt die Stirn, „Oder die Zwischenwelt ist ebenfalls eine eigene Welt … Das könnte auch der Fall sein. Aber solche Annahmen kann ich mit keiner Theorie auch nur ansatzweise erklären. Nicht einmal eine Vermutung diesbezüglich wurde meines Wissens aufgestellt.“

Emily seufzt, bevor sie antwortet.

„Eigentlich stellt die Religion gerade diese Theorie auf. Das Leben und das ewige Leben, also zwei verschiedene Welten.“

„Ja, ganz vom Tisch weisen kann ich diese Annahme jetzt auch nicht.“

Mayers hält einen Augenblick inne.

„Es ist wohl so, dass wir Menschen an etwas glauben oder uns an anderen Möglichkeiten festhalten. Es ist für die Lebenden wahrscheinlich eine Art Grashalm der Rettung zu wissen, dass es wo anders eine bessere Entwicklung oder Entscheidung im Universum geben könnte.“

„Es ist zumindest eine tröstliche Erklärung.“ Lester blickt neuerlich ins Leere. „Ich habe mich schon oft gefragt, wo wir uns eigentlich befinden. Im Himmel sind wir noch nicht, aber leben, ja das „tun“ wir auch nicht mehr.“

„Sie bestätigen gerade die Annahme der Religion …“

„Ich kann dir nicht ganz folgen, Emily.“ Vor lauter Welten und Universen blicke ich kaum noch durch.

„Na die Parallelwelt. Wir leben im Diesseits und wenn wir sterben gehen wir ins Jenseits. Ist doch auch so eine Art andere Welt.“

Mayers nickt.

„Gut ausgedrückt. Ich sehe das genauso.“

„Und wir in der Zwischenwelt, sind weder hier noch dort. Toll, kaum habe ich das Gefühl etwas zu verstehen, werde ich schon wieder in die Schranken verwiesen.“

„Ja Lester, so ist das nun einmal. Man kann nicht immer alles verstehen“,

schmunzelt Mayers, „man muss sich nur öffnen und für jede Eventualität gewappnet sein.“

Wieder blicken wir auf den Bildschirm, wo nun Informationen zur Quantentheorie auf Mayers Klick erscheinen. Er setzt gerade an, uns eine weitere Möglichkeit dieser Theorie zu erklären, als wir Mr. Sanders Stimme hören.

„Es ist soweit! Mr. und Mrs. Coleman, Mr. Lester, Mr. Mayers, ich bitte Sie in die Halle zu kommen. Ihr Auftrag kann beginnen.“

Ich will losstürmen, aber Mayers hält mich energisch zurück.

„Coleman, ich bitte Sie inständig Ihren häuslichen Frieden wieder herzustellen.“

„Wie bitte?“

Ich weiß momentan nicht worauf er hinaus will. Was weiß er schon vom Stimmungsbarometer unserer Ehe?

„Hören Sie, Coleman, mir ist die gespannte Atmosphäre zwischen Ihnen und Ihrer Frau aufgefallen. Wir müssen uns auf eine andere Ebene begeben, also befinden wir uns schon bald in einem Paralleluniversum. Dort werden wir auf unsere …“, er zögert, „… nennen wir es Kopien, treffen.“

„Ja und?“

„Ich befürchte, dass unsere Aufgabe emotional schwierig werden könnte.“

Wenn ich nur wüsste, was mir Mayers damit sagen will. Wieso ist meine partnerschaftliche Einigkeit mit Emily von so enormer Wichtigkeit für ihn? Nach seinen Erklärungen ist mir klar, dass wir möglicherweise auf uns selbst treffen könnten. Wovor will er mich tatsächlich warnen?

„Ich meine, wir werden möglicherweise auf uns selbst treffen, aber es wird sich mit Sicherheit nicht alles so normal darstellen wie wir es im „Hier und Jetzt“ empfinden. Mir schwant …, ich meine es könnten dadurch in unserer Gefühlswelt Probleme entstehen.“

„Jetzt beeilt Euch, wir müssen abdampfen!“, ruft Lester ungehalten und unterbricht unsere Unterhaltung und damit auch meine Gedanken. Trotzdem haben mich Mayers Worte vorsichtig gemacht und als ich bei Emily angelangt bin, schnappe ich mir ihre Hand. Während Mayers und Lester weiter eilen, drücke ich sie schnell an mich.

„Entschuldige mein Schatz, ich wollte keinen Streit herbeiführen. Vielleicht war ich ein wenig unsensibel dir gegenüber. Kannst du mir verzeihen?“

Emily blickt mich ernst an, doch plötzlich glätten sich ihre Gesichtszüge und mein Engel beginnt zu lächeln.

„Ich liebe Dich Matt, das kann unser kleiner Zoff nicht ändern. Ich denke, wir bemühen uns nach diesem Auftrag um eine Pause.“

Ich unterbreche sie schnell: „Ja, und dann nehmen wir uns Zeit für Versöhnungssex, okay?“ Rasch küsse ich meine Emily, deren Lippen sich endlich wieder zu einem Lächeln verziehen, dann stürmen wir Mayers und Lester Hand in Hand hinterher.

In der Halle werden wir bereits von den Herren der Zwischenwelt empfangen. Sowohl Sanders’ als auch Svensons Blicke ruhen auf uns. Sie scheinen uns durchdringen zu wollen. Ich kann keine Regung in deren Gesichtszügen erkennen, sondern spüre nur ihre prüfenden Mienen, was mir bewusst macht, wie ernst und wichtig unser Auftrag werden wird. Dann bricht Sanders endlich das Schweigen.

 

„Nun gut, es ist soweit. Ihr Auftrag beginnt …